Depression vs. Inspiration?

Sie hat mich nicht kleingekriegt. Zurzeit wachse ich, wie lange nicht mehr. Ich entwickele meine Schreibfähigkeiten weiter. Ich lerne über Grafikgestaltung, Homepage-Bau, E-Mail-Marketing, Gebrauch von KI und manches mehr.

Sie bremst mich aus. Immer wieder. Manchmal bin ich nach zwei Stunden Konzentration platt. An einigen Tagen schleppe ich mich mit Nebel im Kopf über die Stunden. Ab und zu fällt mir sogar das Aufstehen schwer.

Sie ist immer da. Aber nicht mehr so präsent wie früher. Längst nicht mehr so zerstörerisch wie damals, als ich nichts anderes mehr spüren konnte als Traurigkeit. Als Kreativität nur noch eine Erinnerung war. Als ich nicht mehr lebte, sondern nur existierte.

„Irene, die Dreiviertelfee“ kam zu mir gut ein Jahr, bevor mich die Depression von den Füßen gehauen hat. Die Krankheit war schon da, aber niemand hat sie erkannt. Irenes Geschichte war das beste, was mir je eingefallen war. Der Höhepunkt meiner Kreativität, kurz vor dem körperlichen und seelischen Zusammenbruch. Ein Theaterstück habe ich aus dem Stoff gemacht und bald gemerkt, dass noch viel mehr in den Figuren steckt. Ich habe erste Notizen für das Romanprojekt gesammelt. An Irenes Welt gebastelt. Aber immer langsamer. Der Alltag wurde immer anstrengender.

Dann kam der Tag, als mein Körper Klartext sprach: „Wenn du all die Warnsignale ignorierst, die ich ausgesandt habe, dann schalte ich die Energiezufuhr halt mal ganz ab. Das hast du nun davon.“ Verstanden habe ich das erst Monate später. Die Ärzte suchten nach körperlichen Ursachen. Und die Kreativität lag brach. Der Irene-Roman war nur noch etwas, von dem ich mal geträumt hatte. Als ich noch Kraft zum Träumen hatte.

Aber ich habe mir die Kreativität zurückerobert. Es hat gedauert. Aber nachdem ich wieder etwas Kraft hatte, habe ich den Kampf trotz vieler Rückschläge nie aufgegeben. Ich konnte das Schreiben sogar in der Therapie nutzen.

Da gab es ein Ereignis in meiner Kindheit, das mich verfolgte, das ich vor Augen hatte, aber kein Gefühl in mir auslöste. Ich hätte mich an Angst erinnern müssen, an das Gefühl, wehrlos zu sein, an Erniedrigung, an ein Vertrauensgefühl, das für immer zerbrach. Ich schrieb die Begebenheit auf. Mit der Hand, um ganz nah dran zu sein. Ich schrieb es ohne Emotion. Ich las es ohne Emotion. Ich las es in der Gruppentherapie vor. Alle weinten und waren schockiert. Aber ich fühlte immer noch nichts.

Bis heute bleiben die Gefühle des kleinen Jürgen verschüttet. Aber ich habe erkannt, dass ich bei anderen Emotionen auslösen kann, wenn ich schreibe. Ich habe nicht nur die Gabe, Geschichten zu erfinden, sondern auch, sie so zu erzählen, dass sie die Leserinnen und Leser tief berühren.

Schreiben erfüllt mich. Wenn ich schreibe, bin ich im Einklang mit mir selbst. Ich tue das, wofür ich bestimmt bin. Ja, so fühlt sich das an. Oft geht es mir nicht gut genug, um zu schreiben. Aber wenn die Schwäche nicht erdrückend ist, und ich zu schreiben beginne, dann spüre ich nach kurzer Zeit nicht mehr, wie es mir geht. Dann bin ich in meiner Schreibwelt, und erst wenn ich wieder aus ihr auftauche, dringen die Einschränkungen durch die Depression wieder in meine Wahrnehmung. Und meistens habe sie sich durch das Schreiben abgemildert. Heilkraft, die aus mir selbst erwächst.

In „Irene, die Dreiviertelfee“ erlebt meine Hauptfigur fröhliche und traurige Momente. Sie spürt großes Glück und tiefe Verzweiflung. Sie investiert mit Begeisterung all ihre Kraft, gibt sich komplett auf, findet vereinzelte Momente kleiner Lebensfreude und steht am Ende wieder aufrecht im Leben. Sie ist damit weiter als ich es bin. Aber dorthin komme ich auch noch.

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